Hatte Jakob Augstein die israelische Regierung gelegentlich kritisiert, da er die Atombombe Israels für gefährlich, ultraorthodoxe Juden mit islamischen Fundamentalisten für vergleichbar und den Gaza-Streifen als ein Lager erkannt hatte, in dem der jüdische Staat seine künftigen Feinde ausbrüte, so verdient er doch zugleich, gegen den daraus abgeleiteten Vorwurf, er sei Antisemit, nachdrücklich verteidigt zu werden; mehr noch sollten solche Leute wie Rabbi Abraham Cooper und deren irrwitzige Anmaßung des Richteramtes doch endlich selbst einmal zum Thema gemacht und gefragt werden, was das überhaupt für Attitüden sind, die hinter solchen “Top-Ten-Listen” stehen, die uns bislang eher aus der Musikindustrie oder von Bestsellerlisten der Literatur her bekannt waren.
Da gilt es, Augstein nicht bloß zu verteidigen, sondern jenes israelgesteuerte Abmahnsystem selbst einmal kritisch zu prüfen. Doch manche bekommen nicht einmal das erste hin, erklärt doch der online Spiegel: ”... Und wir können ihn (Augstein) kaum verteidigen, weil jeder Leser erwarten würde, dass wir ihn verteidigen. Das würde jeden Satz entwerten.”
Der vorangegangene Satz und die hinter ihm stehende Einstellung können dabei nur grundfalsch und Ausdruck einer unehrenwerten Haltung sein, unterstellen sie doch in gönnerhafter Abgebrühtheit, daß man sich nicht für die Wahrheit einsetzen soll, wenn das falsch verstanden werden oder es “vom Leser so erwartet” werden kann. In ihm entlarvt sich coole Meinungsmacherroutine als charakterlos und abgrundtief jämmerlich und erinnert an all die guten Gründe, die es damals gegeben hatte, mich des SPIEGELS zu entledigen.
Was der Spiegel verweigerte, hatte in der letzten Woche Samuel Korn vom Zentralrat der Juden gemacht, Jakob Augstein nämlich gegenüber Rabbi Cooper zu verteidigen. Bloße Verteidigung scheint hier aber nicht auszureichen, da das ganze Top-Ten-System und seine hintergründigen Attitüden es verdient hätten, selbst einmal zum Gegenstand der Kritik zu werden.
Könnten es dieselben Einstellungen sein wie die, die in Deutschland dazu führten, einen amtierenden Ministerpräsidenten abzumahnen, der es gewagt hatte, das Wort “Pogromstimmung” in einem nicht-jüdischen Zusammenhang zu gebrauchen? Eine nähere Betrachtung dieses Falles (siehe hier:) hatte es ja als unsinnig erwiesen, die Verwendung eines Begriffs wie “Holokaust” oder “Pogrom” auf einen einzigen empirischen Fall einschränken zu wollen, weil das der grundlegenden Funktion eines Begriffs an sich selbst widerstreiten würde, als «conceptus communis» nämlich Vorstellung von Allgemeinem zu sein, unter die je Verschiedenes fallen kann und fallen können muß, was übrigens ja auch der Grund für die Berechtigung gewesen war, bestimmte Ereignisse im Dritten Reich überhaupt unter sie zu stellen.
Da fragt es sich, wie es zu solchen Dummheiten in jenem und in diesem aktuellen Fall überhaupt hat kommen können und immer wieder kommt. Daß sowohl der Zentralrat der Juden in Deutschland als auch das Simon-Wiesenthal-Institut in den U S A beide als Sprachrohr des Staates Israel auftreten, den man, wie es schon Albert Einstein getan hatte, gut begründet für kriminell halten kann, ohne deshalb antisemitisch sein zu müssen, reicht als Erklärungsgrund nicht aus. Da muß doch noch etwas hinzutreten, was im Hintergrund die Selbstwahrnehmung jenes Staates und seiner Vertreter betrifft. Was neben Verfolgungswahn und Anmaßung an Stereotypen dazugehören mag: es öffnet sich ein weites Feld für Analysten und Analytiker, die uns einmal bitteschön erklären sollen, wie es möglich ist, daß da ein Staat andere Völker in brutalster Weise abschlachtet, quält und unterdrückt und sich zugleich allüberall als verfolgte Unschuld präsentiert. Die Frage lautet: Wie krank muß ein Staat im Inneren sein, der solche Sachen macht?
Jakob Augstein
Statt also die Fragwürdigkeit der ganzen Richtung zu erkennen, schwimmt Rabbi Cooper weiter auf jener unabsichtlich verursachten Publizitätswelle, wenn er in einem dpa-Interview schulmeisterlich und nur scheinbar subtil sich gleich selbst fragt: “Sprechen wir von antisemitischen Äußerungen, bei denen sich die Person vielleicht gar nicht bewusst war, eine Grenze zu überschreiten? Oder geht es um jemanden mit einem Antisemitismus-Problem – der sich dieses Problems bisher gar nicht bewusst war -, oder sprechen wir von einem Antisemiten?”
Die Annahme, daß Augstein sich möglicherweise “dieses Problems bisher gar nicht bewußt” gewesen wäre, zeigt mit dem Gestus der Versöhnlichkeit doch nur die Verstocktheit dieses Rabbi, der sich des entscheidenden Problems der ganzen Sache bislang offenbar gar selbst “nicht bewußt” geworden ist oder das eigentliche Problem einfach nicht wahrhaben will. Dieses liegt nämlich neben einer schlampigen Recherche des Wiesenthal-Institutes in dem Grundfehler, unisono mit allen Lobbyisten Israels jede Kritik am Staate mit Antisemitismus gleichzusetzen. Und wir alle, die ganze Welt, die noch bei Verstand ist, müssen diesen Rabbi auffordern, endlich diesen Fehler einzugestehen, wenn anders er nicht vor uns hintreten und glaubwürdig erklären können will: “Ich, Rabbi Cooper, bin der Staat”.
Und wenn jener Rabbi, der sich geweigert hatte, mit Augstein bei einem möglichen Interview auch nur in einem Zimmer zu sitzen, nun meint, Augstein schulde “seinen deutschen Lesern und dem jüdischen Volk eine Entschuldigung”, dann kann die Antwort nur lauten, daß der Rabbi nicht glauben soll, er könne ohne Sinn und Verstand einfach machen, was er will. Für seine ganze schiefe Sichtweise, die blinde Ineinssetzung nämlich von Judentum mit jenem immer wieder kriminell auftretenden Staate Israel und die daraus entspringenden Verunglimpfungen Jakob Augsteins erwarten dessen Leser nun endlich eine glaubwürdig vorgetragene Entschulding vom Rabbi selbst, der fortwährend nicht nur Augstein und uns alle, sondern auch noch unseren Verstand beleidigt.
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