vorausgesagt und geschehen, nur schnell genug ermordet werden müssen, daß sie nicht noch irgendwem die Wahrheit erklären können. Diese verschärfte Form des Terrormanagements empfiehlt sich, wenn jene sanftere nicht erfolgreich genug ist. Das heißt, gelingt es den Innenministern und Meinungsmachern nicht, ein Volk von drohendem Terror zu überzeugen, gilt es, den fehlenden Schrecken eben selbst herstellen, und so stimmt es dann.
Die Frage lautet, was denn das Ziel solcher Aktionen des Terrormanagements ist. Eine Antwort könnte sein, daß jene Operationen ihr Ziel in einem gewissen Sinne schon in sich selbst tragen, durch sich selbst ihren Zweck erfüllen, einen Zustand nämlich von Unsicherheit und Chaos herzustellen und zu erhalten. Denn ohne von einer Schreckensmeldung zur anderen gejagt und in Schach gehalten zu werden, könnten wir uns einmal des sicher wichtigsten der bestehenden Mißstände bewußt werden und uns seiner, dessen nämlich annehmen, daß die Völker der Welt durch korrupte Regierungen im Auftrag einer skrupellosen Hochfinanz gerade bis auf die Knochen ausgeplündert werden.
False-Flag-Terorismus dient einerseits also als bestialisches Manöver zur Ablenkung von dem, was an Schweinereien wesentlich geschieht, so daß wir gar nicht auf die Idee kommen, gegen sie vorzugehen, er ist aber auch ein plausibler Grund, die bürgerlichen Rechte mehr und mehr einzuschränken, um jenen von Orson Wells unter dem Namen "1984" vorausgeahnten Polizeistaat endlich Wirklichkeit werden zu lassen.
Passend zur medial verdichteten internationalen Terror-Gemengelage verkündete die Bundesregierung heute, "schärfere Anti-Terror-Gesetze" auf den Weg bringen zu wollen. Und ich frage mich, wie das denn geht, daß Gesetze alle Jahre wieder nämlich "schärfer" werden, schließlich sind es ja nicht Messer, Photos oder Frauen. Ein Gesetz ist gerecht oder ungerecht, daß es aber auch scharf sein könnte, leuchtet mir nicht ein. Daß mit einer Verschärfung gemeint wäre, sie seien von strikterer Geltung, kann auch nicht sein, weil die Striktheit der Geltung eines Gesetzes schon in seinem Begriffe liegt, wenn anders das Ding nicht "Vorschlag" oder "Empfehlung" heißen soll, und, Striktheit zu steigern, dem logischen Eigensinn dieses Begriffes wohl widerstreiten würde. Nein, die irreführend "schärfer" genannte Gesetzgebung erhöht in der Regel bloß das Strafmaß oder vergrößert den Geltungsbereich, wie wenn die Kotbeseitigungspflicht der Hundehalter nun auf Katzenhalter ausgedehnt wird.
Geradezu irreführend aber wird es, wenn unter dem Titel schärferer Anti-Terror-Gesetze gar nicht eine bloß graduelle, sondern eine strikte Änderung angepeilt wird, die zudem nebenbei unser ganzes Rechtssystem auf den Kopf stellt. Das geschieht, wenn Justizminister Heiko Maß jetzt so weit geht, schon das bloße Haben einer Absicht unter Strafe stellen zu wollen. Ich glaube nicht, daß er damit durchkommt. Aber der bloße Versuch schon zeigt die Richtung an, in der hier geprockelt wird.
Ein Staat, der die Grenze zur Gesinnung der Bürger überschreitet, ist totalitär. Und ein Justizminister, der das Haben einer bloßen Absicht unter Strafe stellt, begründet den totalen Staat.
Blicken wir mal in die Vereinigten Staaten von Amerika, so erhalten wir eine Ahnung davon, was gerade dabei ist, auf uns zuzukommen. In zwei schönen Aufsätzen zu Polizeistaat*) und Polizeigewalt**) schildert Paul Craig Roberts die lebensgefährliche Bedrohung, die schon jetzt dort für den Bürger von der Polizei ausgeht, deren Scheinheiligkeit sogar Law and Order-Konservative "allmählich nervös" mache.
Roberts bringt eine bizarre Statistik: Amerikaner würden ständig daran erinnert, wie gefährlich der Polizeiberuf sei, doch sollten sie wissen, daß im vergangenen Jahr insgesamt zwar 50 Polizisten in Ausübung ihres Dienstes getötet wurden, die Polizei selbst aber es im selben Zeitraum geschafft hat, 1.029 Personen umzubringen, von denen "die meisten unbewaffnet und unschuldig waren". Und in der Zeit des acht Jahre währenden Irakkrieges seien mehr Amerikaner von der Polizei umgebracht worden, als amerikanische Soldaten in diesem Krieg gefallen waren. Und Roberts gibt mehrere geradezu irrwitzige Beispiele, wie dieses, daß die Polizei – Police Violence in America: Police Shoot and Kill Two Teenage Girls within Two Weeks – innerhalb zweier Wochen zwei unschuldige Mädchen im Alter von 17 und 16 Jahren einfach erschießt. Die eine, Kristiana Coignard, hatte auf einer Polizeiwache Hilfe gesucht – die polizeiinterne Überwachungskamera zeigt, wie zwei Polizisten ohne erkennbaren Grund nacheinander auf sie schießen und sie minutenlang schwerverletzt liegen lassen, ohne ärztliche Hilfe zu holen – , die andere, Jessica Hernandez (siehe oben das Titelphoto), war am Steuer ihres Autos mit vier anderen Kids auf dem Weg zu einer Party gewesen, als Polizisten sie mit ganzen Pistolensalven im Alter von 16 Jahren zu Tode brachten. Ein Weblink führt zu zwei Videos über den Polizisten Grant Morrison der Polizei von Montana, der in zwei verschiedenen Vorfällen unbewaffnete Fahrer über den Haufen schießt, die er bei routinemäßigen Verkehrskontrollen angehalten hat. In beiden Fällen bestünden Morrisons Handlungen darin, daß er "Obszönitäten herumschreit und drauflos ballert". Morrison mache "einen völlig gestörten Eindruck". Und es sei unerklärlich, daß Montana einen bewaffneten Irren auf die Straße schicke, Autos anzuhalten.
In Deutschland muß auf jeden Fall verhindert werden, daß aus jenen bundesrepublikanischen "Freunden und Helfern" der Vergangenheit schießwütige Irre werden. Die Gefahr aber, daß das geschieht, wird immer größer, je stärker die Polizei militärisch gerüstet auftritt, – und je mehr sie glauben, unkontrolliert alles tun zu dürfen, was sie wollen. Daß ein bis zum Irrsinn gehendes autokratisches Selbstverständnis der amerikanischen Polizei auch eine Folge einer schon als hysterisch zu sehenden Antiterror-Einstellung und -Gesetzgebung der Vereinigten Staaten ist, sollte uns und unserem Justizminister jedenfalls eine Warnung sein.
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*) The Police State Is Upon Us
**) The Police Threat Is Too High
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